Street meets Sophistcation

_English Version below

Kayne West tritt mit dem international bedeutenden Kunstkurator Hans Ulrich Obrist in Dialog. Drake arbeitet mit Obrist zusammen, um seine Kunstsammlung auf höchstem Niveau weiter auszubauen. Virgil Abloh kollaboriert mit dem Zürcher Künstler Pascal Moehlmann, der in der Manier der alten Meister Zitate der Popkultur mit Motiven des Vanitas- Stilllebens verbindet.

Pascal Moehlmann_ Dance with Me

Sowohl Kayne West und Drake, als auch Virgil Abloh stehen in direktem Zusammenhang mit der stilistischen Einbringung von Einflüssen der Strasse auf die Mode.

Das perfekte Handwerk der Haute Couture und das der akademischen Malerei mischen sich mit der Rauheit und der kreativen ungestümen Respektlosigkeit der Strasse. Es vermischen sich Kreativität, technische Perfektion und respektlose Neudefinitionen von Stil und Handwerk.

DIOR_AW_2020_Videostill

Eine neue Generation von Designern respektiert keinerlei anachronistische gesellschaftliche Grenzen. Traditionen aus der Geschichte der Haute Couture und des Schneiderhandwerks werden komplett neu gedacht. Geschlechterzuordnungen und Machtpositionen, die sich durch Kleidung ausdrücken, werden neu gedacht. Modetheorie und Stilzitate wurden aus den Kleidertraditionen geerbt, dann aber vergessen und daraus etwas komplett Neues geschaffen. Das Gefühl der Eleganz wird neu definiert und alle Barrieren von Klassen und Kategorien aufgelöst.

off white 2020_3

_ English Version_

Kayne West enters into dialogue with the internationally important art curator Hans Ulrich Obrist. Drake works with Obrist to further expand his art collection at the highest level. Virgil Abloh collaborates with the Zurich artist Pascal Moehlmann, who, in the manner of the old masters, combines quotes from pop culture with motifs from the Vanitas still life.

Pascal Moehlmann_ Vanitas Stilllife
Both Kayne West and Virgil Abloh are directly related to the stylistic incorporation of street influences on fashion.
The perfect craft of haute couture and that of academic painting mix with the roughness and creative impetuous disrespect of the street. Creativity, technical perfection and disrespectful redefinitions of style and craftsmanship mix.
A new generation of designers does not respect any anachronistic social boundaries. Traditions from the history of haute couture and tailoring are completely rethought. Gender assignments and positions of power expressed through clothing are being rethought. Fashion theory and style quotes were inherited from clothing traditions, but then forgotten and something completely new was created. The feeling of elegance is redefined and all barriers of classes and categories are removed.

Off White Mens 2020_ Videostill

 

 

The Next Generation_ Images of Manhood_

_ English Version Below_

Das zweite Jahrzehnt der Nuller Jahre ist im Begriff zu Ende zu gehen. Das ist immer wieder der Zeitpunkt sich mit den Dingen zu beschäftigen, die dieses Jahrzehnt aus modischer und stilistischer Sichtweise ausgemacht haben, aber auch einen Blick in die Kristallkugel zu werfen und Prognosen zu wagen.

Welche Kollektionen und Designer haben dieses Jahrzehnt geprägt? War Streetstyle mit seiner demokratischen Wirkung der wichtigste Stil? Lebten wir in einem Jahrzehnt der Leggings? Zeichnen sich neue Bilder und Inspirationen ab?

Beschäftigen wir uns mit Männermode. Gerade ist der Reigen der Mens Wear Modenschauen zu Ende gegangen. Nach New York, London, der Pitti Uomo in Florenz, Mailand und zum Schluss Paris, können wir als Betrachter des Modegeschehens unsere Eindrücke resümieren und vielleicht sogar erste Prognosen für das kommende Jahrzehnt wagen.

Was als erstes auffällt ist, dass ein kompletter demographischer Wandel eingetreten ist. Nicht nur an den kreativen Spitzen der einflussreichsten Designer- Labels, auch im anwesenden Publikum und der Crowd der Fashion- Victims vor den Modenschau- Locations. All dies zusammen genommen ist ein hervorragender Indikator wofür Mode heute steht und für wen die Kleider entworfen werden. Noch nie konnte man so viele Sportler, Rapper und Künstler im Publikum sehen. Der Aufstieg einer sehr progressiv eingestellten männlichen Jugend überall auf der Welt ist eindeutig sichtbar und auch wahrnehmbar.

Dieser sich immer deutlicher abzeichnende Mix aus Progressivität und positiver Weltoffenheit bei den Modemachern und Konsumenten öffnet das Feld für Experimente und den Ausdruck neuer Emotionen mit den Mitteln der Mode. Was bedeutet Mann- sein heute? Die Vorbilder für Inspirationen sind mit Bestimmtheit nicht mehr der Banker oder der Rechtsanwalt, aber auch nicht mehr der aggressive Straßenkämpfer. Wir sehen keine Bilder, die mit toxischer patriarchalischer Männlichkeit verbunden sind. Inspirationen finden sich viel mehr bei Liebenden und Romantikern, bei sensiblem Verantwortungsbewusstsein, und in einem hocheleganten Umgang mit Eskapismus in jedweder Form.

Wir nehmen eine neue Freiheit der Selbstfindung und Selbsterfindung wahr. Gleichzeitig können wir uns unseres individuellen Ausdrucks entsprechend darstellen. Modisch bislang undurchlässig scheinende Barrieren werden durchlässig und laden ein,  neue Identitäten von Männlichkeit zu leben. Dieser Umstand spricht von einer immer durchlässig werdenden Gesellschaft, die Toleranz und Akzeptanz lebt und dadurch ein Zeichen gegen jedweden Totalitarismus und ausgrenzenden Faschismus setzt.

Louis Vuitton

Louis Vuitton_SS20_2
Louis Vuitton Spring Summer 2020

Virgil Abloh erschaff für Louis Vuitton eine sanfte, ungekünstelte Kollektion. Er verwendet einfache Formen, wie weite fließende Hosen, Pastelle, Blumen und Couture-Techniken, die über den Laufsteg vorbeiziehen. Die Idee der wilden Blumen steht für Diversität und Vielfalt. Er hatte einen Floristen mitgebracht, um ein Jutegeschirr und die inneren Ränder der Strohhüte mit frischen Blumen zu dekorieren. Es war weniger ein naiver, romantischer Narrativ, als vielmehr ein Bindeglied zwischen populärem Kunsthandwerk und der Arbeit der Fachkräfte, die in den Luxushäusern arbeiten.

Jaquemus

Jacquemus_Men_SS20_2
Jaquemus Spring Summer 2020

Provenzalischer Pop! In den letzten Wochen ging es in vielen Gesprächen um die Flucht vor zukunftspessimistischen Ängsten, die Rückkehr in die Kindheit und die Sehnsucht nach jugendlichem Spaß. Jacquemus muss nichts vom den theoretisieren oder thematisieren. Seine Mode drückt echte Jugend, Sexiness, Spaß und Optimismus aus. Das Defilee zeigt den Charme, die Begehrlichkeit und die Kraft jugendlicher „Frenchness“. Die Kollektion hat stilistischen Anspruch und ist gleichzeitig so leicht wie ein sommerlicher Cocktail.

Celine

Celine_Men_SS20
Celine Spring Summer 2020

Die Rückkehr zu Kindheitsträumen war in dieser Saison ein wiederkehrendes Thema in den Herrenkollektionen. Hedi Slimane nahm den häufig mystifizierten Kindheitstraum einer Rockstar- Aristokratie mit hochhackigen, knackigen Bootcut-Hosen und -Jeans, winzigen Bomberjacken und glamourösen Anzügen auf.
Wie immer macht Slimane hier keinerlei Zugeständnisse in der Auswahl seiner Zitate. Es gab keine Abweichung von seiner seit langem etablierten Methode der stilistischen Inspiration. Dieser Mangel an Variationen könnte ein Schutz vor der Vielfältigkeit der heutigen Generation sein.
Die Kollektion zeigt den originären Hippie- Moment, als weiße Mittelschichtskinder nach Marokko zu reisen begannen, bäuerliche Strohkörbe aufsammelten und in Nordafrika herumhingen – der prächtige goldbestickte Burnus zum Finale wurde in vielen anderen Kollektionen dieser Saison auch gezeigt. Leider ließ die gewohnheitsmäßige Enge seines Fokus die ganzheitlich integrative Art, wie Kinder die Welt heute sehen, vermissen.

Loewe

Loewe_Men_SS20_2
Loewe Spring Summer 2020

Jonathan Andersons Loewe Show zeichnete ein wunderschönes Bild der gesellschaftlichen Sehnsucht nach spiritueller Flucht in einen „kindlichen Traumzustand“. Weit weg von den harten Realitäten des durcheinander gebrachten zeitgenössischen  Lebens. Anderson arbeitete mit viel Symbolik, die er zu einer ganz eigenen Art von Geschichte versponnen hat. Er erschuf einen Ort, an dem sich alte Hippie-Werte sich auf Eklektizismus und Kunsthandwerk einlassen. Dieses Gefühl war im Raum spürbar. Das vollständige Bild von überlagerten Texturen, Streifen und Farben und insbesondere der Anblick der Materialien, aus dem die Kaftane gefertigt wurden mit passenden Hosen. Ein Art alternativer Anzug.
Die stilistische Richtung dieser Kollektion hat die Leute umgehauen.

Dior

DIOR_men_SS20
Dior Spring Summer 2020

Kim Jones ist als Chefdesigner für Dior Men der festen Überzeugung, dass die Männer des 21. Jahrhunderts die starre Bipolarität der Geschlechterkonstrukte, an die sich ihre Väter und Großväter gehalten noch hatten, als Vergangenheit ansehen. Er sieht Millennials und Gen-Z-Kunden in Los Angeles, New York, Shanghai und Seoul, die bereit sind, Overalls oder Organza-Bomber und neue Definitionen von Anzügen zu tragen.

Er weiß auch, dass diese jungen Männer die klassische Vorlage des Maßanzugs mit vorurteilsfreien Augen sehen. Jones‘ Einsicht ist, dass die Herrenmode bei Dior voranschreiten kann, indem sie auf die Eleganz der Vergangenheit zurückgreift und sich über die Schönheit der Fundamente wundert. Eine gute Möglichkeit, eine Zukunft zu konstruieren.

Dries van Noten

Dries_Men_SS20
Dries van Noten Spring Summer 2020

Sexy Jungs, üppig und voll, erblühend und tierisch. Einige dieser wild geremixten maskulinen Archetypen waren verdammt heiß. Es geht um „Archi-Fluidität“ . Es handelt sich um eine Fluidität von Archetypen von Männertypen und ihren Kleidungsstücken. Es sind all die typischen Elemente, die wir aus der Herrengarderobe kennen, Jeans, Hosen, Anzüge von Geschäftsleuten, Soldaten-Outfits. All diese verschiedenen Stielemente, die hier auf sehr unkonventionelle Weise gemischt sind und sehr viel aus 80er-Jahren-Filmen wie Fassbinders „Querelle“ zitieren.

Die Schulter betonenden, stark taillierten Anzüge eine absolut überzeugende Interpretation der Herrenschneiderei, waren beispielhaft für eine Kollektion, die das vermeintlich Weibliche in die Herrenmode einbezog und gleichzeitig den Sinn einer 2-D-Gender-Dialektik ablehnte. Sowohl männlich als auch weiblich und gleichzeitig auch nicht, dies war eine wundervolle Kollektion für eine gehobene Opulenz freiheitlicher Überzeugung.

Prada

Prada_men_SS20
Prada Spring Summer 2020

Diese Kollektion könnte als ein zentraler Moment für Prada gesehen werden. Lange Zeit wurde bei den Shows für Herren mehr oder weniger klassischer Männerbild mit sportiven Akzenten propagiert. Seit Mrs. Prada mit poppig bedruckten „campy“ Shirts kommerziellen Erfolg hatte, hat sie es gewagt, weit über ihre üblichen Kollektionsaussagen hinaus zu gehen.

Short- Shorts mit Reißverschlüssen an der Seitennaht und eng umgeschnallte Blazer kombiniert mit losen Tanks . Es ist ein wahrer Genuss zu sehen, wie sie Proportionen und Aussagen in der Herrenmode mit der gleichen Schärfe erforscht, die sie für die Damendefilees anwendet. Die Kollektion wurde als optimistisch beschrieben. Wir können das dahin gehend interpretieren, dass Hoffnung ein Gegenmittel sein kann, um der Dunkelheit unserer Tage ein Gewicht entgegen. De facto handelt es sich um eine Fortsetzung der Themen, die auf dem letzten Damendefilee in New York vorgestellt wurden, aber als sie auf männlichen Models präsentiert wurde, fand etwas eigentümliches statt. Die Mädchenhaftigkeit und Süße dieser Paillettenschals und bestickten Hemden wurde durch eine fast erotische Reinheit ersetzt. Twill, Tweed, Hemd, Sportkleidung, Khaki, aber überdimensioniert oder in ihrer Proportion neu erfunden, um beispielsweise ein nacktes Schlüsselbein zu zeigen.. Zusammen umfassten die Looks alle Musts einer traditionellen Männergarderobe, aber neu interpretiert und in der Sinnhaftigkeit umgedreht mit dem freien Geist der Jugend.

Fendi

Fendi_Men_SS20
Fendi Spring Summer 2020

In einer Zeit, in der so viel von dem, was uns begegnet, derart virtuell und synthetisch ist, wird das Gefühl und der Geist, sich jetzt mit der Natur zu verbinden, stärker ist als je zuvor. Genau dieser Spirit weht durch die Kollektion von Fendi.

Die Garten- Looks waren manchmal zu wörtlich genommen: olivgrüne Oberbekleidung mit abnehmbaren Taschen und einem tollen Kurzarm-Overall, begleitet von Schnittkörben, Gießkannen und Gartenhandschuhen mit Organza-Rücken. Es gab eine Utility- Vest in Kombination mit einer Werkzeugtasche aus Leder mit mehreren Fächern. Einige der Reisehüte mit breiter Krempe enthielten von Imkern beeinflusste Netzschleier. Naturverbundenheit und Nachhaltigkeit sind Themen, die in unserer Zeit modisch formuliert werden müssen. Die ganze Kollektion scheint super- soft gearbeitet, eine weiche Schneiderkunst. Die Hosen haben einen geteiltem Saum, die Krawatten zeigen Blumendrucke, Badebekleidung, kombiniert mit und weich gewaschenem Workman’s Denim manchmal mit Lederflecken und Blumendruck- Hemden mit „campy“ Kragen aus Seide oder Organza. All diese Aspekte sind bei Fendi ein Teil eines Gesamtkonzeptes, dass einen Gegenpol zur virtuellen Welt bietet.

JW Anderson

JW_Anderson_Men_SS20_3
JW Anderson Spring Summer

Menswear hat eine derart beschleunigte Phase des Wandels und des Wachstums durchlaufen, dass es schwer fällt, sich daran zu erinnern, wann neu geprägte Begriffe wie „Gender- Fluid“, „Gender- Neutral“ und „Gender- Non- Binary“ zum selbstverständlichen Repertoire ind der Modesprache geworden sind. Ein Teil des Verdienstes hierfür, dass es heutzutage eben keine Sensation mehr ist, Kleidung zu entwerfen, die für alle Geschlechter funktioniert, geht an Jonathan Anderson. Das zeigte er in dieser Show, die das Etikett Herrenmode trug, aber auch das Damenmoden Resort Drop zeigte. Aber Shapesharing ist für ihn nichts Neues.

Anderson war anscheinend der erste seiner Generation, der geschlechtsspezifische Grenzen überschritt. 2012 schickte er Jungen in gekräuselten Neopren-Shorts und Bustiers über den Laufsteg. Seitdem ist in der Londoner Männermode eine sehr kritisch hinterfragende, super kreative Queer-Kultur gewachsen. Ein Zeichen für Fortschritte in unserer Gesellschaft ist, dass das Interesse an der Diskussion über die unverwechselbare Qualität der Kleidung, die jeder Designer zu bieten hat, gestiegen ist, anstatt darüber, wer sie trägt. Dies war bei den jüngsten Londoner Männermodenwoche deutlich wahrzunehmen.

Andersons Talent ist immer relevanter und wichtiger für zeitgenössisches Modedesign geworden. Dies ist der Schlüssel zum Erfolg, den er dem LVMH-eigenen Label Loewe gebracht hat, wo er Creative Director ist.

Saint Laurent

Saint_Laurent_men_SS20
Saint Laurent Spring Summer 2020

Die Kollektion steht mit alten YSL-Legenden in Verbindung, aber auch mit einem untrüglichen Gespür dafür, was ein junger Mann heute eigentlich tragen möchte.

Der wichtigste Ausgangspunkt für die Kollektion war Marrakesch in den 70er Jahren, das im Los Angeles des 21. Jahrhunderts neu interpretiert wurde. Das ist zwar ein riesiger geografischer Sprung, aber nicht unvorstellbar. Beide Orte sprechen für eine Sehnsucht nach einer gewissen unkonventionellen, freigeistigen, fast mystischen Flucht.

Die andere Hauptreferenz für die Kollektion war Mick Jagger, um die Rolling Stones-Tour von 1975, bei der sich der Leadsänger auf der Bühne in allen möglichen glänzenden und glitzernden Details schütteln durfte. Vaccarello versteht es, wie Jagger, dass ein Mann niemals männlicher aussieht als in Satin und Glanz. So nutzte er die Gelegenheit, um die Androgynie des Glam- Rock der 70er Jahre mit einer zu verknüpfen, die sich heute widerspiegelt.

Ein Teil der Gender- Fluidität trat in weniger erwarteten Formen auf. Die Shorts, die von Anfang an ein Hauptbestandteil der Damenkollektionen waren, wurden erstmals von Männern getragen und unterstreichen eine weichere, lockere und sinnliche Herangehensweise.

_ English Version_

The second decade of the Two- thousands is about to end. This is always the time to deal with the items that are characteristic for this decade from a fashionable and stylistic point of view. Also we take a look in the crystal ball and to make predictions.

Which collections and designers have are characteristic for this decade? Was street style the most important style with its democratic effect? Did we live in a decade of leggings? Are new images and inspirations drawing out?

Let’s talk about menswear. Just the round of the Men’s Wear fashion shows has come to an end. After New York, London, the Pitti Uomo in Florence, Milan and finally Paris, we as viewers of the fashion scene can summarize our impressions and perhaps even venture first forecasts for the coming decade.

What stands out first is that a complete demographic change has occurred. Not only at the creative tips of the most influential designer labels, but also in the front row audience and the crowd of fashion victims in front of the fashion show venues. All this together is an excellent indicator of what fashion stands for today and who the clothes are designed for. Never before have you seen so many athletes, rappers and artists in the audience. The rise of a very progressive male youth all over the world is clearly visible and perceptible.

This increasingly apparent mix of progressiveness and positive cosmopolitanism among fashion designers and consumers opens the field for experimentation and the expression of new emotions with the means of fashion. What does man-being mean today exactly? The role- models for artistic inspiration are definitely no longer the banker or the lawyer, but also no longer the aggressive street fighter. We do not see images associated with toxic patriarchal masculinity. Inspirations can be found much more in lovers and romantics, in sensitive sense of responsibility, and in a highly elegant way of dealing with escapism in any form.

We can perceive a new freedom of self-discovery and we are also able to express ourselves according to our individual expression. Fashionably hitherto seemingly impermeable barriers become permeable and invite a new identities of masculinity to life. This circumstance speaks of an ever more permeable society that lives up to tolerance and acceptance, thereby setting a signal against all totalitarianism and marginalizing fascism.

Louis Vuitton

Louis Vuitton_SS20
Louis Vuitton Spring Summer 2020

Virgil Abloh creates a soft, unaffected collection for Louis Vuitton. He uses simple forms, such as flowing trousers, pastels, flowers and couture techniques, that pass over the catwalk. The idea of wild flowers stands for diversity. He had brought a florist to decorate a jute harness and the inner edges of the straw hats with fresh flowers. It was not so much a naive, romantic narrative as it was more a link between popular arts and crafts and the working skills of the craftsmen working in luxury homes.

Jaquemus

Jacquemus_Men_SS20
Jaquemus Spring Summer 2020

Provencal Pop! In recent weeks, many discussions have focused on dystopian fears of the future, the return to childhood and the yearning for youthful fun. Jacquemus does not need to theorize or theme around anything. His fashion expresses genuine youth, sexiness, fun and optimism. The Defilee shows the charm, the covetousness and the power of youthful „Frenchness“. The collection has a stylistic aspiration and at the same time it is as light as a summery cocktail.

Celine

Celine_Men_SS20_2
Celine Spring Summer 2020

The return to childhood dreams was a recurring theme in the men’s collections this season. Hedi Slimane picked up on the oft-mystified childhood dream of a rock star aristocracy of high-heeled, crisp bootcut pants and jeans, tiny bomber jackets and glamorous suits.
As always, Slimane does not make any concessions in the selection of his quotes here. There was no deviation from his long-established method of stylistic inspiration. This lack of variation could be a protection against the diversity of today’s generation.
The collection shows the prototypical hippie moment when white children started traveling, picking up peasant straw baskets and hanging around in North Africa – the magnificent gold-embroidered burnus for the finals was also featured in many other collections this season. Unfortunately, the habitual narrowness of his focus lacks the integrative way children see the world today.

Loewe

Loewe_Men_SS20
Loewe Spring Summer 2020

Jonathan Anderson’s Loewe showed a beautiful picture of the social yearning for spiritual escape into a „childlike dream state“. Far from the harsh realities of confused contemporary life. Anderson worked with much symbolism, which he has spun into a very own kind of story. He created a place where old hippie values engage in eclecticism and crafts. This feeling was in the room. The full image of superimposed textures, stripes and colors and in particular the sight of the materials from which the caftans were made with matching pants. A kind of alternative suit.
The stylistic direction of this collection blew people away.

Dior

DIOR_men_SS20_2
Dior Spring Summer 2020

Kim Jones, the chief designer for Dior Men, firmly believes that the men of the 21st century consider the rigid bipolarity of the gender constructs that their fathers and grandfathers still hold to be a past. He sees Millennials and Gen-Z customers in Los Angeles, New York, Shanghai and Seoul ready to wear overalls or organza bombers and new definitions of suits.

He also knows that these young men see the classic template of the tailored suit with unbiased eyes. Jones‘ insight is that Dior’s men’s fashion can move forward, using the elegance of the past and wondering at the beauty of the foundations. A good way to construct a future

Dries van Noten

Dries_Men_SS20_2
Dries van Noten Spring Summer

Sexy guys, luscious and full, blossoming and animal. Some of these wildly remixed masculine archetypes were damn hot. It’s about „Archi-fluidity“. It is a fluidity of archetypes of male types and their garments. It’s all the typical items we know from the men’s wardrobe, jeans, pants, business suits, soldier outfits. All these different styles, which are mixed here in a very unconventional way and quote a lot from 80s films like Fassbinder’s „Querelle“.

The shoulder-emphasizing, strongly waisted suits – an absolutely convincing interpretation of the men’s tailoring – were exemplary for a collection that included the alleged feminine in menswear and at the same time rejected the meaning of a 2-D gender dialectic. Both male and female and not at the same time, this was a wonderful collection for an upscale opulence of liberal conviction.

Prada

Prada_men_SS20_2
Prada Spring Summer 2020

This collection could be seen as a key moment for Prada. For a long time, more or less classic male images with some sporty accents were propagated at men’s shows. Ever since Mrs. Prada’s commercial success with pop-style „campy“ shirts, she has dared to go far beyond her usual collection statements.

Short shorts with zippers on the side seam and tightly strapped blazers combined with loose tanks. It is a real pleasure to see her exploring proportions and statements in menswear with the same sharpness she uses for the ladies‘ styles. The collection was described as optimistic. We can interpret this as meaning that hope can be an antidote to the darkness of these days of ours. In fact, the collection is a continuation of the themes presented at the last women’s Resort show in New York, but when presented on male models, something peculiar happened. The girlishness and sweetness of these sequined scarves and embroidered shirts has been replaced by an almost erotic purity. Twill, tweed, shirt, sportswear, khaki, but over sized or reinvented in their proportions to show, for example, a bare collarbone. Together, the looks included all the musts of a traditional men’s wardrobe, but reinterpreted and reversed in meaning with the free spirit the youth.

Fendi

Fendi_Men_SS20_2
Fendi Spring Summer 2020

At a time when so much of what we encounter is virtual and synthetic, the feeling and spirit of connecting with nature now is stronger than ever. It is exactly this spirit that flows through the Fendi collection.

The garden looks were sometimes taken too literally: olive outerwear with removable pockets and great short-sleeved jumpsuits, accompanied by cut baskets, watering cans, and organza-backed gardening gloves. There was a utility vest combined with a multi-compartment leather tool bag. Some of the wide-brim travel hats included beekeeper-influenced veils. Bonding with nature and sustainability are topics that have to be formulated fashionable in our time. The whole collection seems to be super-soft, a soft tailoring. The trousers have a split hem, the ties feature floral prints, swimwear combined with soft-washed Workman’s denim, sometimes with leather spots and floral print shirts with „campy“ silk or organza collars. All of these aspects are part of Fendi’s overall concept, which offers a counterpoint to the virtual world.

JW Anderson

JW_Anderson_Men_SS20
JW Anderson Spring Summer 2020

Menswear has passed through such an accelerated phase of change and growth that it is hard to remember when re-branded terms such as „gender-fluid“, „gender-neutral“ and „gender-non-binary“ became the usual fashion currency. Part of the credit for not seeing a sensation nowadays in seeing clothes that work for all genders goes to Jonathan Anderson. This he showed up his show, which was referred to men’s fashion and also included his women’s fashion Resort Drop. But shapesharing is nothing new to him.

Anderson was apparently the first of his generation to cross gender boundaries when he wore boys in ruffled neoprene shorts and bustiers in 2012. Since then, London’s menswear has grown into a whole questioning, creative queer culture. A sign of progress is that interest in discussing the distinctive quality of clothing that every designer has to offer has increased, rather than who wears it.
Anderson’s talent for improving the craft has become increasingly relevant. This is the key to the success he has brought to LVMH’s own label, Loewe, where he is Creative Director.

Saint Laurent

Saint_Laurent_men_SS20_2
Saint Laurent Spring Summer 2020

The collection is linked to old YSL legends, but also with an unerring sense of what a young man actually wants to wear today.

The most important starting point for the collection was Marrakesh in the 1970 ties, which was reinterpreted in the Los Angeles of the 21st century. This is a huge geographical leap, but not unimaginable. Both places speak for a longing for a certain unconventional, free-spirited, almost mystical escape.

The other main reference for the collection was Mick Jagger, for the Rolling Stones tour of 1975, when the lead singer was allowed to shake around himself onstage in all kinds of shiny and glittering details. Vaccarello understands, like Jagger, that a man never looks more masculine than he does in satin and glamour. So he used the opportunity to link the androgyny of Glam Rock of the 70s with one that is reflected today.

Part of gender fluidity occurred in less-anticipated forms. The shorts, which were a staple of women’s collections from the start, were first worn by men, underlining a softer, more relaxed and sensual approach.

_ Flashlight_ Playful Sculptures

_ english version below_

Wir gehen durch Skulpturen, die uns umgeben. Die monochromen Farbpaletten geben  den realistisch wirkenden Arbeiten eine neutrale Ebene, die je nach Wahl der Farbe eigene Sichtweisen und Assoziationen erlaubt.

IMG_4804 (Bearbeitet)
Alicia Framis „Life Dresses“ Basel Art Fair 2019

Alicia Framis taucht ihre „Life Dresses“ in ein monochromes Weiß. Weiß die Summe aller Farben des Lichts. Es verkörpert also physikalisch gesehen nicht das Nichts, sondern Alles. Weiß hat keinen negativen Zusammenhang, so ist sie die vollkommenste Farbe. Weiß symbolisiert: Licht, Glaube, das Ideale, das Gute, der Anfang, das Neue, Sauberkeit, Unschuld, Bescheidenheit, Wahrheit, die Neutralität, die Klugheit, die Wissenschaft, die Genauigkeit. In Ihrer Neutralität lässt es die Farbe Weiß dem Betrachter offen, seine eigenen Geschichten auf die Skulpturen zu implizieren.

IMG_4782 (Bearbeitet)
Louis Vuitton Men FW 2019

Virgil Abloh hat für Louis Vuitton monochromen dreidimensionale Figurengruppen geschaffen. Er wählte die Farbe Orange. Orange repräsentiert vitale Stärke, Aktivität und das ist wohl für einen Designer, der mit seiner zweiten Herrenkollektion für des traditionsreiche Modehaus „am Start“ ist, wohl am wichtigsten, den Wandel. Die Wärme dieser Farbe hebt unweigerlich die Stimmung. Orange lockert und aktiviert jeden, der im grauen Gewohnheitsalltag erstarrt ist.

IMG_4368 (Bearbeitet)
Paola Pivi „Baby Bear Gang“ at Gallery Perrotin

Paola Pivi bringt einen neuen Aspekt in die Thematik. Sie zeigt mit ihrer „Baby Bear Gang“, deren Pelz durch leuchtende, monochrom eingefärbte Federn ersetzt wurde und deren Augen, Mäuler und Klauen trotzdem ganz naturalistisch gelassen wurden. Aus dem Zusammenspiel der Farbwahl, den Haltungen und den Positionierungen im Raum entsteht eine sehr verspielte, super fröhliche Arbeit, die den Betrachter erstrahlen lässt.

In ihrer konzeptuellen Gesamtheit erzeugen alle Arbeiten ein dreidimensionales Bild, dass in seiner Verspieltheit eigene Betrachtungsweisen, Assoziationen und Gedanken zulässt.

_ english version_

We pass through sculptures that surround us. The monochrome color palettes give the realistic-looking works a neutral level that allows their own views and associations depending on the choice of color.

IMG_4805 (Bearbeitet)
Alicia Framis „Life Dresses“ Basel Art Fair 2019

Alicia Framis turns her „Life Dresses“ into a monochrome white. White is the sum of all the colors of light. So physically, it does not embody nothing but everything. White has no negative connotation, so it is the most perfect color. White symbolizes: light, faith, the ideal, the good, the beginning, the new, cleanliness, innocence, modesty, truth, neutrality, wisdom, science, accuracy. In its neutrality, the color white allows the viewer to imply his own stories on the sculptures.

IMG_2312 (Bearbeitet)
Louis Vuitton 2019

Virgil Abloh has created monochrome three-dimensional groups of figures for Louis Vuitton. He chose the color orange. Orange represents vital strength, activity and that is probably the most important thing for a designer who is „on the start“ with his second men’s collection for the traditional fashion house, change. The warmth of this color inevitably raises the mood. Orange fans and activates everyone who is frozen in everyday routine.

IMG_4379 (Bearbeitet)
Paola Pivi „Baby Bear Gang“ at Gallery Perrotin

Paola Pivi brings a new aspect to the subject. She shows with her „Baby Bear Gang“, whose fur was replaced by bright, monochrome colored feathers and whose eyes, mouths and claws were still left completely naturalistic. The interplay of the color choice, the postures and the positioning in the room creates a very playful, super cheerful work that lets shine every viewer.

In their conceptual entirety, all works produce a three-dimensional image that in its playfulness allows one’s own views, associations and thoughts.

 

 

Catchy Perspectives_

_ English Version below_

Mode will wahrgenommen werden. Jedes Label kommuniziert seinen Code und seine ganz individuellen Stories. Es geht um Distinktion, um Einzigartigkeit und Wahrnehmung in einer kaum zu überblickenden Flut von Modelabels und modischer Aussage. Letztendlich geht es um die Generierung und Bindung möglichst vieler potentieller und reeller Kunden.

IMG_4780 (Bearbeitet)
Balenciaga 2019

Der Katalysator für diese Formen des Storytelling finden sich bei den Social Media. Mit der ihnen eigenen implizierten Kleiderkommunikation und emotionalen Visualisierung unter Verwendung von Bild, Text und Sound. Die Kommunikation von Mode und Lebensgefühl auf einem Mobiltelefonbildschirm beeinflusst die Wahrnehmung von uns Menschen. Die Aussage von Mode muss sich immer stärker einem drei Sekunden Rhythmus anpassen.  Dieser wird von den Wischbewegungen auf dem Mobiltelefon diktiert. Das Bild und der modische Code muss in dieser Zeitspanne eine möglichst individuelle Botschaft erzählen, die die Aufmerksamkeit des Betrachters einfängt.

IMG_4783 (Bearbeitet)
Balenciaga 2019

_ English Version_

Fashion wants to be perceived. Each label communicates its code and its own individual stories. It’s about distinction, uniqueness and perception in a barely overlooked flood of fashion labels and fashion statements. Ultimately, it is about generating and retaining as many potential and real customers as possible.

The catalyst for these forms of storytelling can be found in social media. With their own implied way of clothing communication and emotional visualization using image, text and sound. The communication of fashion and lifestyle on a mobile phone screen affects the perception of us human beings. The statement of fashion must adapt more and more to a three-second rhythm. This is dictated by the swiping movements on the mobile phone. The image and the fashionable code must communicate in this time span a message as individual as possible, which captures the attention of the beholder.

IMG_4782 (Bearbeitet)
Louis Vuitton 2019

 

_ Flashlight_ CAMOUFLAGE

_ the classic_ Woodland Camouflage Pattern_

_ the Trompe-l’œil Camouflage Pattern_

_ the Urban Graffiti Camouflage Pattern_

_ the Artsy Digital Media Overload Camouflage Pattern_

Think Tank_ Streetwear_ What will follow?_ Style carries Meaning_

english version below_

Ein neuer Begriff macht in der Modewelt die Runde. Der Bourgeois Style scheint sich zu seiner Höchstform warm zu laufen. Modejournalisten, Modeblogger, Trendsetter und Fashionvictims verwenden ihn vermehrt, um das Ende aller Streetwear inspirierten Kollektionen herauf zu beschwören. Der Begriff Bourgeois Style umschreibt eine Rückkehr hin zu einem eleganteren, elaboriert ausgefeilten und vornehmer wirkenden Modestil für die Herbst Wintersaison dieses Jahres.

IMG_4404 (Bearbeitet)
Balenciaga_2019

Dabei beschreibt dieser beginnende Hype nichts weiteres als ein sehr bekanntes Prinzip in der Mode. Das Prinzip von Bewegung und Gegenbewegung. Der Zeitpunkt für eine beginnende Gegenbewegung ist genau dann, wenn ein Modestil große Gruppen der modisch interessierten Bevölkerung eingenommen hat und sich die modische Avantgarde zu langweilen beginnt. Streetwear ist mit Sicherheit während der letzten Jahre stilbestimmend. Modeerscheinungen wie die Jogginghose, die Bomberjacke, die allgegenwärtige Sports- und Utilitywear und alle Military- und Camouflageinspirationen haben in diesem modischen Milieu ihren Ausgangspunkt. Es wird also Zeit, die nach Distinktionsmerkmalen hungernde Avantgarde mit neuen Stilbildern zu füttern. Dabei ist es fast kalkulierbar, aus welchen Stilwelten ein modischer Nachfolger generiert werden kann. Es stellt sich die Frage nach dem möglichst großen stilistischen Gegenteil zu Streetwear.

IMG_4371 (Bearbeitet)
Off White_2019

Die stilistischen Wurzeln von Streetwear liegen in einem Feld von Rebellion, Protest und Subkultur, aber auch von profanen inspirierenden Fundstücken aus der Welt der Straße. Per se ist Streetwear ein Gradmesser für die Demokratisierung einer Gesellschaft. Kleiderstile entstehen eigenschöpferisch, ohne stilistische Vorbilder aus Protest und zur Identifikation mit der eigenen Gruppe. Es entstehen vollkommen neue Arten sich zu kleiden, die in erster Linie die Andersartigkeit von der bürgerlichen Welt verdeutlichen sollten. Gerade diese gestalterische Kraft des modischen Ausdrucks in der Andersartigkeit und der Verschiedenheit zum bürgerlichen Kleidersystem, machte Streetwear aller Couleur zur begehrlichen Ware für die bürgerliche Welt, insbesondere für die mittleren Schichten unserer westlichen Gesellschaft.
Seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts ist die Straße ein selbstverständlich gewordener Ort von modischer Inspiration für die bürgerliche Welt und deren Modehersteller geworden. Überspitzt könnte man von einer Ausbeutung von Ideen sprechen. Die Formulierung eines modischen Dialogs ist mir in diesem Zusammenhang viel lieber.

 

Ein modischer Dialog entsteht, wenn ein Modedesigner eines etablierten Luxusmodehauses Kleidungsstile von der Straße für seine Klientel ohne die stilistische Wurzel zu negieren, wahrnehmbar interpretiert. Dieser Akt wirkt inklusiv, weil er die modische Inspiration als Vorlage ernst nimmt und dadurch das modische System durchlässig macht. Diese Durchlässigkeit kann man durchaus berechtigt als demokratisch beschreiben. Streetwear zu tragen wird als unprätentiös und als erfrischend gesehen. Streetwear ist Teil einer demokratisierenden Modeevolution. Aber wenn die Träger von Streetwear feststellen, sie sehen aus wie Jedermann auf der Straße, entsteht wiederum schnell Langeweile und die Sinne sind bereit, sich für das Neue zu öffnen.

IMG_2210 (Bearbeitet)
Louis Vuitton_2019

Mode ist immer Kommunikation und reagiert in ihrer Erscheinung auf politische und soziokulturelle Strömungen. Kleidung war für lange Zeit ein wichtiger öffentlich wahrnehmbarer Gradmesser für Wohlstand und gesellschaftlichen Status. In der Moderne kommt der Gedanke der physischen Bequemlichkeit von Kleidung hinzu. Diese beiden Ebenen, einerseits der Aspekt des Wohlfühlens und die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit beschreiben die wichtigsten Triebfedern für Mode in der Neuzeit.

IMG_4405 (Bearbeitet)
Burberry_2019

Aktuelle Interpretationen des bürgerlichen Kleiderprinzips, Bourgeoisie Style genannt, zeigen sich, ob streng oder eher auffallend, immer als Bewahrer konservativer Leitbilder, die die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Schichten und die klassische Verteilung von Geschlechterrollen, eindeutig aufzeigen. Das bürgerliche Kleiderprinzip hatte in der Modegeschichte seine Höhen und Tiefen. In der Moderne gab es zwei deutlich wahrnehmbare Höhepunkte dieses Kleiderprinzips. Einer fand in den fünfziger Jahren statt. Modische Leitbilder waren zu dieser Zeit rückschrittliche feminine Leitbilder, wie Grace Kelly, die in ihrer modischen Erscheinung wie eine ältere respektierte Dame wirkte, und übertrieben maskuline Leitbilder, wie ein Cary Grant. Der zweite Höhepunkt fand in achtziger Jahren statt. Zu dieser waren Yuppies in ihren übernatürlichen kastigen Silhouetten der modische Rahmen für ein gesellschaftliches Szenario eines uneingeschränkten Kapitalismus einer Margaret Thatcher und eines Ronald Reagan.

 

Interessant zu betrachten ist die Tatsache, dass beide Höhepunkte eines bürgerlichen Modeleitbildes in Zeiten radikaler gesellschaftlicher Bedrohungen stattfanden. In den fünfziger Jahren war der Zweite Weltkrieg mit all seinen Schrecken gerade zu Ende gegangen, während die achtziger Jahre unter den Nachwirkungen der Ölkrise und der daraus folgenden Wirtschaftskrisen litten. Beide Jahrzehnte stehen für massive gesellschaftliche Umbrüche. Ganze Nationen wurden neu strukturiert, oder sie entstanden auf der Landkarte, Subkulturen hinterfragten gängige gesellschaftliche Strukturen und Denkmuster, die Mobilität der Gesellschaft wuchs rasant an und Frauen stellten ihre sogenannten natürliche angestammten Rollenbilder in Frage.

img135
Herrenmode aus dem Industriekapitalimus_ca.1880

Zieht man diese Tatsachen in die Betrachtung des bürgerlichen Modebildes ein, so geht es eben nicht nur um die Sehnsucht nach Schönheit als Gegengewicht zu einer sonst hässlichen Welt. Genauso berechtigt ist die Sichtweise nach dem Streben nach Ordnung in einer aus den Fugen geratenen Welt. Im Zentrum diese Modebildes steht immer die Trennung und Bewahrung althergebrachter sozialer Schichten im Sinne der Nachfolge der Bourgeoisie der adeligen Standesgesellschaft. Die Bourgeoisie zeigt sich als eine Erfindung des westlichen Kulturkreises, sie ist für gewöhnlich Weiß und steht für die Undurchlässigkeit von Klassenbarrieren. Die Bourgeoisie pflegt eine Kultur des Ausschlusses und gleichzeitig stülpt sie deren Haltung als Allgemeingültigkeit allen über. Historisch dienen deren Kodes die Positionen von Mann und Frau als eindeutig zu beschreiben, gleiches gilt für die Einteilung der Gesellschaft in höhere und niedrigere Klassen und eine europäisch geprägte westliche Kultur über alle anderen Kulturen zu stellen.

Betrachten wir das Heute und die sich wandelnden Modeleitbilder, so sehen wir bürgerlich geprägte Modeleitbilder an allen Orten.

IMG_4406 (Bearbeitet)
Burberry_2019

Riccardo Tiscis letzte Kollektionen für Burberry wurden stilistisch von einer modernistisch und gleichzeitig praktisch wirkenden Triebfeder angetrieben, die ihren Schwerpunkt auf sehr gepflegt wirkende, auf hohen Absätzen dahin spazierende Models in klassischen Twin Sets mit knielangen Röcken in Oberklassen- Beige gehalten, legte.

IMG_4402 (Bearbeitet)
Celine_2019

Hedi Slimane präsentierte in seiner ersten Kollektion für Celine eine Pariser „Rive Gauche“ Haltung, die sich in Culotte, mäßig langen Röcken, geknoteten Seidenschals ausdrückt. Die Herren bestreiten des Defilee ohne Turnschuhe.

IMG_4403 (Bearbeitet)
Balenciage_2019

Demna Gvasalia hat erwachsen wirkende nach den Regeln einer High Tech Schneiderkunst gefertigte Kleidungsstücke über den Laufsteg geschickt, während Kim Jones für Dior den Utility- Aspekt des Hauses zu Gunsten eines Haute Couture- Anspruchs, abgemildert hat.

IMG_4408 (Bearbeitet)
Dior_2019

Um zu verstehen, wie überraschend dieser Wechsel in den Kollektionsaussagen ist, müssen wir uns an den stilistischen Ursprung dieser Designer erinnern. Alle vier entstammten aus der rebellischen modischen Spitze des Designspektrums. Jeder einzelne von den erwähnten Designer hat seine stilistischen Wurzeln in den Jugendkulturen, von den Mods, über die Punks, New Wave und Gothic, bis hin zu den Skateboardern. Jetzt die einst aufständigen Punks satt geworden und setzen sich in den Vorstädten zur Ruhe?

IMG_4401 (Bearbeitet)
Celine_2019

Modejournalisten begrüßten diesen Wechsel der Mode als Ankündigung eines Nachfolgers von Streetwear. Dabei vergessen die Journalisten eine zentrale Tatsache. Es ist unmöglich einen Modestil, der sich eines sichtbar formulierten sozialen Kontextes bedient, wieder zu beleben ohne gleichzeitig Assoziationen und Konnotationen hervorzurufen. Ein Modestil trägt immer eine Bedeutung in sich. Die Wiederbelebung des bürgerlichen Kleiderstiles entbindet niemanden von der Verantwortung der Bedeutung in der Kleidersprache. Früher rebellische Designer, wie Hedi Slimane oder Riccardo Tisci, haben als Designprofis natürlich sehr sensible Antennen für die Bedürfnisse ihrer Käufer, die zumeist aus den oberen gesellschaftlichen Schichten stammen. Aber deren Kollektionen verkörpern, vielleicht ermutigen sie sogar zu einer hierarchisch geprägten Gesellschaftsordnung. Und dies aus gutem Grund.

Die Motivation des Bedürfnisses sich herauszuputzen, im Gegensatz zur informellen Stilaussage von Streetwear, erscheint nicht allzu überraschend, wenn man die aktuelle Lage der Welt in Augenschein nimmt. Die Welt steht zur Zeit vor einem enormen Zusammenbruch gesellschaftlicher Strukturen. Die sozialen Medien, noch vor zehn Jahren als demokratische Möglichkeit den sonst nicht Gehörten eine Stimme zu verleihen, gefeiert wurden, entwickeln sich zu einem großen Problem für die Eliten, die nicht nur den direkten Einfluss ihrer Macht verloren haben, sondern jetzt auch mit unkalkulierbaren Risiken umgehen müssen. Sei es Trump, der Brexit, die Gelbwesten und der gesamte Unmut der gesellschaftlich und wirtschaftlich Abgehängten, alle rechts populistischen und sonstigen anti elitären Bewegungen, haben ihren Ursprung auf Facebook, Twitter, oder Instagram und der Kultur des schnellen „Likes“.

Die Sprache der Mode kann lauter als Worte sein. Die Mode ist derzeit nur eines der Schlachtfelder eines ästhetischen und politischen Krieges. Alle beteiligten Parteien arbeiten daran sich zu unterscheiden und benutzt jedes Werkzeug das „IN“ und das „OUT“ der Gesellschaft neu zu bestimmen.

IMG_4399 (Bearbeitet)
Vetements_2019

_english version_

A new term makes its rounds in the fashion world. The bourgeois style seems to warm up to its peak. Fashion journalists, fashion bloggers, trend-setters, and fashion thinkers are increasingly using it to summon up the culmination of streetwear-inspired collections. The term bourgeois style describes a return to a more elegant, elaborate and sophisticated style for the fall winter season of this year.

Yet this incipient hype does not describe anything more than a well-known principle in fashion. The principle of movement and countermovement. The time for a beginning countermovement is precisely when a fashion style has taken large groups of the fashionable interested people and the fashionable avant-garde begins to bore. Streetwear is certainly defining fashion and style during the last years. Fashion items such as the sweatpants, the bomber jacket, the ubiquitous sports and utility wear and all military and camouflage inspirations have their starting point in this fashionable milieu. So it’s time to feed the always hungry avant-garde with new codes of distinctions and new style images. It is almost calculable from which style worlds a fashionable successor can be generated. It raises the question of the greatest possible stylistic opposite to streetwear.

The stylistic roots of streetwear lie in a field of rebellion, protest and subculture, but also of profane inspiring finds from the world of the street. Per se, streetwear is an indicator for the democratization of a society. Clothing styles are created inside the subcultures, without stylistic role models. Mainly streetwear is made for protest and for identification with one’s own group. There are completely new ways of dressing, which should primarily illustrate the difference between the bourgeois world. It was precisely this creative power of fashion expression in the difference to the bourgeois dress system that made streetwear a desirable product for the bourgeois world, especially for the middle class of our western society.

Since the 1980s, the street has become a place of fashion inspiration for the bourgeois world and its fashion manufacturers. One could speak of an exploitation of ideas. The formulation of a fashionable dialogue is much preferable to me in this context.

A fashionable dialogue arises when a fashion designer of an established luxury fashion house perceptibly interprets clothing styles from the street for his clientele without negating the stylistic root. This act is inclusive because it takes the fashion inspiration seriously as a template and thereby makes the fashionable system accessible. This permeability can be legitimately described as democratic. Wearing streetwear is seen as unpretentious and fresh. Streetwear is part of a democratizing fashion evolution. But when wearers of streetwear notice they look like everyone else on the street, boredom quickly ensues and the senses are ready to open up to the new.

Fashion is always communication and reacts in its appearance to political and socio-cultural currents. Clothing has long been an important public indicator of wealth and social status. In modernity, the idea of ​​physical comfort of clothing is added. These two levels, on the one hand the aspect of well-being and the perception in the public, describe the most important driving forces for fashion in the modern times.

IMG_4400 (Bearbeitet)
Vetements_2019

Current interpretations of the bourgeois clothing principle, called bourgeoisie style, show up, whether strictly or rather conspicuously, always as preservers of conservative models, which clearly show the affiliation to certain social class and the classical distribution of gender roles. The bourgeois clothing principle had its ups and downs in fashion history. In modern times, there were two clearly perceptible highlights of this dress principle. One took place in the fifties. Fashionable models at that time were regressive feminine models, such as Grace Kelly, who looked in her fashionable appearance like an elderly respected lady, and masculine models, such as a Cary Grant. The second highlight took place in the eighties. To this, yuppies in their supernatural boxy silhouettes were the fashionable setting for a social scenario of unrestricted capitalism of a Margaret Thatcher and a Ronald Reagan.

Interesting to note is the fact that both highlights of a bourgeois model portrait took place in times of radical social threats. In the fifties World War II was with all his horrors have just come to an end, while the eighties suffered from the aftermath of the oil crisis and the consequent of economic crises. Both decades stand for massive social upheavals. Whole nations were restructured or emerged on the map, subcultures questioned common social structures and patterns of thought, the mobility of society grew rapidly and women questioned their so-called natural role models.

If one integrates these facts in the contemplation of the bourgeois fashion system, then it is not just about the yearning for beauty as a counterbalance to an otherwise ugly world. Just as justified is the view of the pursuit of order in a world gone out of joint. At the center of this fashion image is always the separation and preservation of traditional social classes in the sense of the succession of the bourgeoisie of aristocratic civil society. The bourgeoisie appears to be an invention of Western culture, usually white and indicative of the impermeability of class barriers. The bourgeoisie cultivates a culture of exclusion, and at the same time it overrides their attitude as universality to all. Historically, their codes serve to describe the positions of men and women as unambiguous, and the same applies to the division of society into higher and lower classes and to place a European-influenced Western culture above all other cultures.

IMG_4388
Balenciaga_2019

If we look at today and the changing fashion models, we see bourgeois fashion icons in all places.

Riccardo Tisci’s latest collections for Burberry were stylistically propelled by a modernist and at the same time practical driving force, which put their focus on well-groomed, high-heeled models in classic twin sets with knee-length skirts in upper-class beige.

In his first collection for Celine, Hedi Slimane presented a Parisian „Rive Gauche“ attitude, which is expressed in culotte, moderately long skirts, knotted silk scarves. The men contest the defile without sneakers.

Demna Gvasalia has sent adult looking high tech tailoring garments down the catwalk, while Kim Jones has softened Dior’s utility aspect in favor of haute couture aspirations.

To understand how surprising this change in the collection statements is, we need to remember the stylistic origins of these designers. All four came from the rebellious fashion tip of the design spectrum. Every single one of the designers mentioned has its stylistic roots in youth cultures, from Mods to Punks, New Wave and Goth, to Skaters. Now the once revolting Punks have become staisfied and settle down in the suburbs?

Fashion journalists welcomed this change of fashion as an announcement of a successor to streetwear. The journalists forget a central fact. It is impossible to revive a fashion style that uses a visibly formulated social context without creating associations and connotations at the same time. Every fashion style always carries meaning. The revival of bourgeois dress style does not absolve anyone of the responsibility of meaning in dress code. Formerly rebellious designers such as Hedi Slimane or Riccardo Tisci, as design professionals, naturally have very sensitive antennas for the needs of their buyers, most of whom come from the upper social classes. But their collections embody, perhaps even encourage, a hierarchical social order. And for a good reason.

The motivation of needing to dress up, in contrast to the informal style statement of streetwear, does not come as a surprise when looking at the current state of the world. The world is currently facing an enormous collapse of social structures. The social media, ten years ago as a democratic opportunity to give voice to those not previously heard, are becoming a major problem for the elites, who have not only lost the direct influence of their power, but now also with incalculable risks have to deal with. Be it Trump, the Brexit, the Yellow Vests, and all the dissatisfaction of socially and economically dependent, all right-wing populist and other anti-elitist movements, have their origins on Facebook, Twitter, or Instagram and the culture of quick „Likes“.

The language of fashion can be louder than words. Fashion is currently just one of the battlefields of an aesthetic and political war. All parties involved work to distinguish themselves and use each tool to redefine the „IN“ and the „OUT“ of society.

_Fashion Evolution_ Eco Consciousness and Sustainibility_

_english version below_

Der heiße Diskurs über die Reduzierung und die Wiederverwertung von Abfall, bis hin zu nachhaltigen Produktionsprozessen wirkt sich auf die Designwelt sehr stark aus. An allen Ecken und Enden der industriellen Lieferkette beginnt ein radikales Umdenken. Nachhaltigkeit bleibt das Herzstück textiler Entwicklungen und Marketingkampagnen, da dem Verbraucher die schwerwiegenden Folgen von zu viel Konsum und Abfall zunehmend bewußt werden. Neue Ansätze zur Nachhaltigkeit erschaffen Produkte, die so haltbar sind, dass sie einen durchschnittlichen Trägerhythmus überleben, während Materialinnovationen leicht verfügbare und erneuerbare Ressourcen wie Algen und Pilze erforschen.

IMG_3066 (Bearbeitet)
Jil Sander

Lieblingstücke werden durch jahrhundertealte Handnähtechniken überarbeitet und erneuert. Gleichzeitig tauchen auf dem boomenden Online- Wiederverkaufsmarkt eine neue Welle von Upcyclern auf, die Denim- und Sportswearteile zu kreativen neuen Looks umgestalten. Die Umgestaltung und Wiederverwertung von Lagerware bietet einen weiteren Aspekt, den insbesondere Denim-Start- Ups als Alternative zu herkömmlichen Supply-Ketten intensiv erforschen.

Ein immer stärker werdender gesellschaftlicher Code treibt die Wiedergewinnung von Ressourcen und das Recycling von Produkten zusammen mit dem Wunsch nach verantwortungsvollen Herstellungsprozessen voran. Es entsteht ein Bewusstsein für Probleme, die sich aus der Umweltverschmutzung und Überproduktion ergeben.

Alle Arten von weggeworfenen Ressourcen werden wiederverwertet und in expressive und haptische Kunstwerke verwoben. Es gibt eine Abkehr von der digitalen Welt hin zur physischen Wahrnehmung, in der sich handgearbeitete Teile während des Herstellungsprozesses entwickeln und modifizieren dürfen. Fundstücke werden neu zusammen definiert und geschichtet. Es entstehen wundervolle Kompositionen aus Arbeitskleidung, folkloristischen Fundstücken und Plastikmüll. Eine willkürliche zufällig erscheinende Verschmelzung von wiedergewonnenem Material und kulturellen Einflüssen. Dies führt zu einer scheinbaren Zufälligkeit, gleichzeitig werden durch diese Prozesse auch neue Ideen angeregt.

IMG_2966 (Bearbeitet)
Maison Margiela

In einer geschlechts- und kulturübergreifenden Welt werden immer mehr freie, nicht von etablierten Institutionen initiierte und moderierte Auseinandersetzungen geführt. Diese Entwicklung wird auf die Produktgestaltung und die Mode übertragen und findet ihren  Ausdruck in zusammengetragenen Patchworks aus mehreren, willkürlich erscheinenden Qualitäten und erzeugen ungeordnet scheinende Designs. Fundstücke werden zusammengefügt, erneut zerlegt und modifiziert, was zu einfallsreichen Kombinationen führt. Komponenten sammeln sich in unstrukturierten Mischverhältnissen, deren unzählige Kombinationen austauschbar erscheinen. Die Randomtaste als Gestaltungsprinzip.

IMG_3371

_english version_

The discourse on waste reduction and recycling, all the way to sustainable production processes, has a strong impact on the design world, sparking a radical shift in thinking across all angles of the industrial supply chain. Sustainability remains at the heart of textile development and marketing campaigns, as consumers become increasingly aware of the serious consequences of overconsumption and waste. New approaches to sustainability create products that are durable enough to survive average wearer cycles, while material innovations explore readily available and renewable resources such as algae and fungi.

Favorite pieces are revised and renewed through centuries-old hand sewing techniques. At the same time, a booming online resale market is bringing a new wave of upcycling, transforming denim and sportswear into creative new looks. The reorganization and recycling of stored goods offers another aspect that denim start-ups, in particular, are exploring intensively as an alternative to conventional supply chains.

Progressing social codes are driving resource recovery and product recycling along with the desire for responsible manufacturing processes. There is an growing awareness of problems arising from pollution.

All kinds of discarded resources are recycled and woven into expressive and haptic works of art. There is a shift away from the digital world to physical perception, where handcrafted parts are allowed to develop and modify during the manufacturing process. Finds are newly defined and layered together. This creates wonderful compositions of work clothes, folkloristic finds and plastic waste. An arbitrary amalgamation of recovered material and cultural influences. This leads to a certain randomness, but also to a suggestion of new ideas.

In a cross-gender and cross-cultural world discussions are more and more free, not initiated by established institutions. This development is applied to product design and fashion, finding its expression in compiled patchworks of multiple, seemingly arbitrary qualities and creating seemingly disordered designs. Finds are assembled, disassembled and modified, resulting in imaginative combinations. Components accumulate in unstructured mixing ratios, whose countless combinations appear interchangeable. The random key as a design principle.

IMG_3354
Wolf Vostell- Videostill

 

_Fashion Evolution_ Self- Care and Well- Being_

IMG_2317 (Bearbeitet)
Dries van Noten AW 2019

_english version below_

_ Wir begegnen unserer komplexen, unter Leistungsdruck stehenden Gesellschaft mit Intuition. Wir suchen Beziehungen, die sehr persönlich und emotional sind. Wir möchten berührt werden.
In diesem gesellschaftlichen Szenario ist unser körperliches und geistiges Wohlbefinden alles, was wir haben. Ganzheitliche Gesundheit bedeutet für uns auf eine ausgewogene Ernährung, Bewegung, die Körper und Geist unterstützt, und eine Umgebung zu achten, die im Bezug auf Raum, Licht, Stille und in der Verbindung all dieser Elemente gesund für uns ist. Die Philosophie beruht auf Ganzheitlichkeit, ein Lebensstil, der unsere Lebensqualität verbessert.

IMG_3066 (Bearbeitet)
Jil Sander

Persönliches Wachstum, Erleuchtung und Inspiration werden zu den Hauptzielen für diejenigen, die sich auf persönliche Reflektion, Achtsamkeit und Wohlbefinden konzentrieren. Die Schaffung positiver persönlicher Mantras fördert realistische Selbstakzeptanz. Unvollkommenheit ist Schönheit und die Tätigkeit ist besser als Perfektion. Spiritualität wird von der Gesellschaft vermehrt akzeptiert. Spirituelle Praktiken werden als Teil eines kontinuierlichen Fokus auf die psychische und physische Gesundheit in den Alltag integriert. Produkte begründen sich aus sich selbst heraus, sie haben eine Seele und einen Zweck. Wir überdenken unser Konsumverhalten. Weniger ist mehr.

Wir suchen Orte der Ruhe, um dem Chaos und den enormen  Umweltreizen zu entfliehen. Beruhigende sinnliche Orte, an denen das Wohlbefinden im Vordergrund steht. Wir versuchen, unser Gleichgewicht wiederzuerlangen, indem wir uns auf multisensorische Erfahrungen einlassen. Wir sind gehen achtsam mit Ton, Bild, Geschmack, Geruch und kinästhetischen Wahrnehmungen um. Wir sind aufmerksam und erschaffen Orte der Ruhe. Alles soll die Sinne angenehm berühren. Eine  Anerkennung der harmonischen Schönheit.

IMG_2421 (Bearbeitet)
Dries van Noten AW 2019

Harmonie ist die Botschaft, ganz im Gegensatz zu anderen sehr lauten Mode-Statements. Ruhige Farbreihen und Materialien, die sich luxuriös anfühlen kreieren raffinierte, feminine Formen. Die Silhouetten sind in diesem Kontext feminin gerundet und haben genug Volumen, um sanfte Bewegungen zu ermöglichen. Die Linien sind elegant und lenken die Aufmerksamkeit auf die Sinnlichkeit der Schulter, des Nackens oder der Taille. Dies ist eine Geschichte von wunderschön komponierten Ensembles ohne scharfe Kanten.

IMG_2419 (Bearbeitet)
Dries van Noten AW 2019
IMG_2497 (Bearbeitet)
Givenchy AW 2019
IMG_2494 (Bearbeitet)
Givenchy AW 2019
Richard Quinn, HerbstWinter 201920
Richard Quinn AW 2019
Erdem, HerbstWinter 201920
Erdem AW 2019
IMG_2221 (Bearbeitet)
Moncler Genius X Maison Valentino

_english version_

In our pressured complex society we will need to be more intuitive. We are looking for relationships that are highly personal and emotional. We want to be moved and touched.
In this social scenario, our physical and mental wellbeing is all we have. Holistic health means for us a balanced diet, exercises that supports body and mind, and to respect an environment that is healthy to us in terms of space, light, silence, and the combination of all these elements. The philosophy is based on holistics, a lifestyle that improves our quality of life.

Personal growth, enlightenment and inspiration become the main goals for those who focus on personal reflection, mindfulness and well-being. The creation of positive personal mantras promotes realistic self-acceptance. Imperfection is beauty and the activity is better than perfection.

Spirituality is increasingly accepted by society. Spiritual practices are integrated into everyday life as part of a continuing focus on mental and physical health. Products are self-explanatory, they have a soul and a purpose. We are revising our consumption behavior. Less is more.

We seek places of tranquility to escape the chaos and enormous environmental attractions. Soothing sensuous places where well-being is paramount. We try to regain our balance by engaging in multisensory experiences. We are mindful of sound, image, taste, smell, and kinesthetic perceptions. We are attentive and create places of tranquility. Everything should touch the senses pleasantly. A recognition of harmonious beauty.

Unlike other very loud fashion statements, harmony is the message. Quiet color ranges and materials that feel luxurious create sophisticated, feminine shapes. The silhouettes are feminine rounded in this context and have enough volume to allow gentle movements. The lines are elegant and draw attention to the sensuality of the shoulder, the neck or the waist. This is a story of beautifully composed ensembles without sharp edges.

IMG_2756 (Bearbeitet)

IMG_2755 (Bearbeitet)
Tomo Koizumi

_Fashion Evolution_ Irritation, Protest and Provocation_

_English Version Below_

Persönliche Haltung ist alles. Sei es ruhig und lautlos, resolut und lebhaft, oder provokativ und laut schreiend. In unseren Tagen ist es umso mehr wichtig für unsere  Belange als Menschen zu kämpfen.

IMG_2391 (Bearbeitet)
Rick Owens

Wir kämpfen mit Leidenschaft für Inklusion, Diversifikation, Fairness und Empathie. Wir sorgen uns um den Planeten und gleichzeitig um uns als Menschen. Design muss es wagen, sich mit Protest und menschlichen Belangen auseinanderzusetzen. Diese Einstellungen verkörpernde Inspirationen werden ein Katalysator für neue Design Konzepte und Kleiderentwürfe.

Dieser Aufruf in Aktion zu treten kann nicht übersehen werden. Ausdrucksformen des Protest finden ihren Ausdruck mit den Mitteln des Design, der Kunst und der Mode. Unser Gefühl ist beherrscht von Anarchie und Protest und auf eine künstlerische Art inspiriert von Künstlern und Designern, die den Wunsch nach gesellschaftlichem Wandel und sozialer Unruhe zum Ausdruck bringen.

IMG_2253 (Bearbeitet)
Gucci

Die Forderungen nach Aktion reichen von feministischer Gleichstellung, Me Too#, bis hin zur femininen Selbstbestimmtheit über den Körper und Lebensentwurf, Genderdiskursen und der Diversifikation der Menschheit. Soziale Themen, wie Forderungen nach Nachhaltigkeit, grünem Denken und der Diskussion der rücksichtslosen Gewinnmaximierung börsenorientierter Unternehmen und der Frage nach dem sozialen Zusammenhalt und Solidarität unserer westlichen Gesellschaft lassen keine Sparte kreativen Ausdrucks unberührt.

IMG_2712
Balenciaga
IMG_1761 (Bearbeitet)
Balenciaga

Dieser Ausdruck formuliert sich auf eine kühne Art mutig, provokativ und voll von lebendiger Energie. Gleichzeitig haben wir keine Angst unsere Überzeugungen und Statements luxuriös üppig und mit surreal lebendiger Kraft zu unterlegen. Dabei lehnen wir geschlechterspezifische Stereotypen ab. Wir überschreiten althergebrachte Regeln in allen kreativen Disziplinen.

In unserer Geschlechterkonstruktionen neu definierenden Gesellschaft heißen wir störende Auseinandersetzungen und Statements willkommen. Wir stellen Kleiderordnungen in Frage und werfen schrill anmutende Kleidertypen mit sexuellen Konnationen zusammen. Wir mischen stilistische und gesellschaftliche Kodierungen dem Zufallsprinzip folgend zusammen.

Durch diese lebendigen Strategien versprechen wir uns die Auffrischung eines an Ideenlosigkeit darbenden sozialen Mainstreams und Establishments.

IMG_2734 (Bearbeitet)
Vetements
IMG_2726 (Bearbeitet)
Vetements

_english version_

Personal attitude is everything. Be it quiet and silent, resolute and lively, or provocative and loud screaming. In these days of ours, it is so important to fight for our human concerns.

We fight with passion for inclusion, diversification, fairness and empathy. We care about the planet and at the same time for ourselves as humans. Design must dare to deal with protest and human concerns. These inspirations become a catalyst for new design concepts and fashion designs.

This call to action can not be overlooked. This kind of protest finds the expression in the means of design, art and fashion. Our emotions are dominated by anarchy and protest and in an artistic way inspired by artists and designers who express the desire for social change and social unrest.

The demands for action range from feminist equality, Me Too#, to feminine self-determination about the body and life, gender discourse and the diversification of humanity. Social issues, such as demands for sustainability, green thinking and the discussion of reckless profit maximization of exchange-oriented companies and the question of the social cohesion and solidarity of our western society, do not leave any section of creative expression untouched.

This expression is courageously, provocatively and full of living energy in a bold way. At the same time, we are not afraid to submit our beliefs and statements luxuriously lush and with surreal vitality. We reject gender stereotypes. We exceed traditional rules in all creative disciplines.

In our gender newly defining society we welcome disturbing arguments and statements. We question dress codes and throw up strident dress types with sexual connotations. We mix stylistic and social codifications according to the random principle.

Through these vivid strategies, we promise to refresh a social mainstream and establishment that stifles the lack of ideas.

_ Fashion evolution_ Transformation of Luxury_

_english version below_

Die Welt des Luxus erfährt zur Zeit einen radikalen Wandel. Produkte, die sich über ihren Preis definieren und dies möglichst sichtbar dargestellt ist, werden immer weniger gefragt sein. Neue Definitionen von Luxus stellen sich über Größen wie Zeit, Bequemlichkeit und Bewusstsein dar.

IMG_2456 (Bearbeitet)
Balenciaga AW 2019

Das Firmenlogo als Statussymbol wird zunehmend verschwinden. Kurzfristige Modetrends mit Kleidungstücken, die eine kurze Lebensdauer, sowohl von der stilistischen, als auch von der qualitativen Seite haben, stehen immer mehr für schlechten Geschmack und eine geringe Geschmacksbildung.

Qualitativ hochwertige legere und informelle Kleidungstücke werden der Schlüssel für eine Garderobe, die uns Komfort, Vielseitigkeit und minimalistische Einfachheit bietet.

Zeit ist eines der wertvollsten Güter, das wir in unseren Hemispheren derzeit besitzen. Vereinfachung ist deshalb der Schlüssel in einer erfolgreichen Modekollektion.  Kollektionen dürfen mit ihrem bislang weit verbreiteten Überangebot von Einkaufs- und Styling- Möglichkeiten, die auch noch den letzten möglichen Kunden binden sollen, unsere Zeit nicht mehr stehlen. Es soll vielmehr darum gehen, in sich schlüssige Kollektionskonzepte und untereinander perfekt kombinierbare Mode anzubieten, die uns die Entscheidungen sowohl morgens vor dem Spiegel, als auch beim Einkaufen minimiert.

Der Fokus in unseren Einkaufsverhalten ändert sich. Wir suchen im Bewusstsein von knapp gewordener Zeit und drohenden Umweltkatastrophen größeren Komfort mit mehr Leichtigkeit und Einfachheit, der uns Sicherheit und Frieden mit uns selbst schenkt und die Umwelt und die Ressourcen der Natur schont.

IMG_2745 (Bearbeitet)
Jil Sander
IMG_2747 (Bearbeitet)
Helmut Lang

_english version_

The world of luxury is undergoing radical transformation. Products that are defined by their price tags and this circumstance is shown as visible as possible will be less and less in demand. New definitions of luxury are about commodities such as time, comfort, and awareness.

The company logo as a status symbol will increasingly disappear. Short-term fashion trends with garments that have a short lifespan, both from the stylistic and the qualitative side, increasingly stand for bad taste and low education.

High-quality casual and informal clothing will be the key to a wardrobe that offers comfort, versatility and minimalist simplicity.

Time is one of the most valuable assets that we currently own in our Hemispheres. Simplification is therefore the key in a successful fashion collection. Collections are no longer allowed to steal our time with their widespread oversupply of shopping and styling options that are supposed to tie any customer. Rather, it should be about offering coherent collection concepts and perfectly combinable fashion, which minimizes our decisions both in the morning in front of the mirror and when shopping.

The focus in our purchasing behavior is changing. We are seeking greater comfort in the awareness of time and threatening environmental disasters. We are looking for more ease and simplicity, which gives us comfort and peace with ourselves. And at the same time protects the environment and the resources of nature.

 

IMG_2752 (Bearbeitet)
Helmut Lang
IMG_2748 (Bearbeitet)
Helmut Lang